Deutsch lernen für bessere Zukunft

Die Schule als Startrampe für ein neues Leben

Schwarzwälder-Bote, 20.03.2015 19:50 Uhr


Foto: Hölle

Von Marie Hölle

Überall wird über Emigration, Immigration, Migrationshintergrund, Flüchtlingswellen und Einbürgerung diskutiert. An der Konrad-Witz-Schule (KWS) in Rottweil wird nicht nur diskutiert, hier wird auch etwas getan. Im Gespräch mit Gabi Leins, Deutschlehrerin an der KWS, habe ich erfahren, wie Kindern und Jugendlichen aus den unterschiedlichsten Ländern Sprache und Kultur ihrer neuen Heimat Deutschland näher gebracht wird, um sie möglichst schnell in unser Schulsystem einzugliedern und ihnen dieselben Möglichkeiten zu bieten wie deutschen Kindern.

Mittwoch morgen, 8.30 Uhr in der Vorbereitungsklasse (VKL) an der Konrad-Witz-Schule: In Zweiergruppen zeigen sich Kinder gegenseitig Bildkärtchen. Welches ist das richtige deutsche Wort für das entsprechende Bild? In einer anderen Ecke des Klassenzim-mers schreiben zwei Jungen fleißig Vokabeln in ihr Heft, ein paar andere Jugendliche lesen eine Geschichte und versuchen, schriftlich Fragen dazu zu beantworten. Gabi Leins erklärt mir, dass hier Schüler in verschiedenen Niveaugruppen vormittags in der deutschen Sprache unterrichtet werden. Ziel ist es, sie in die Regelklassen zu bringen. Deshalb wird hauptsächlich das Fach Deutsch vermittelt. Zusätzlich dürfen sich die Schüler beim Sport austoben. Fachstunden zu aktuellen Anlässen wie Fasnacht, Ostern, Weihnachten machen sie mit unserer Kultur vertraut. Spätestens nach einem Jahr sollten die Jugendlichen in die Regelklassen oder eine andere weiterführende Schule wechseln. Je nach Leistungsstärke lernen zwischen 16 und 30 Schüler in der VKL. Momentan treffen Kinder aus Syrien, Mazedonien, Griechenland, Italien, Portugal, dem Irak, Russland, Serbien und Rumänien im Klassenzimmer aufeinander. Sie alle haben mit ihren Familien ihre Heimat aufgrund von Missständen oder Krieg verlassen.

Für die Lehrer ist es eine enorme Herausforderung, in der VKL zu unterrichten: Durch die Altersunterschiede sind die Interessen verschieden, es gibt keine gemeinsame "perfekte" Sprache, und die Schüler kommen größtenteils aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Eine wichtige Rolle spielt auch, dass die Jugendlichen teilweise schon sehr viel mitmachen und mitansehen mussten und diese Dinge noch psychisch verarbeiten müssen. Die Lehrer informieren sich im Vorfeld so gut wie möglich über jeden Schüler, um diese entsprechend ihrem Bildungsniveau fördern zu können. Manche haben bereits ein Gymnasium in ihrer Heimat besucht, andere sind nie zur Schule gegangen. Jetzt wohnen einige im Übergangswohnheim, wo ungestörtes Lernen nicht möglich ist. Die Schule kann diese Missstände nicht kompensieren oder auffangen, aber es gibt keine Hausaufgaben, die gemacht werden müssen. Sie haben an jedem Schultag die erste Stunde zur Verfügung, um Arbeitsblätter, Aufgaben oder Vokabellisten zu bearbeiten. Highlights im Schulalltag sind auch für die Schüler der VKL Veranstaltungen wie der Ballsporttag. Hier können sie bei Fußball und Basketball Energie ausleben und Sorgen vergessen. Völkerball wird seinem Namen voll gerecht.

Die Autorin ist Schülerin der Klasse 9b des Albeck-Gymnasiums Sulz.